Heimatkunde in Verl und anderswo
Es gibt viel zu entdecken, fangen wir an!
 

Radtour Verl

erarbeitet von Bernhard Klotz

Fahrradtour zur Erkundung des Verler Ortskerns


 

Übersichtskarte der Radtour (Grafik: Stadt Verl)


Der Rundkurs von etwa 20 Kilometern durch den Verler Stadtkern gibt exemplarische Einblicke in alle Epochen der Stadtentwicklung, ausgehend von den bäuerlichen Anfängen bis zur hin zur modernen Industrie.

Wenn Sie gerne die Fahrradtouren-App "komoot" nutzen, so finden Sie hier den Link:


Die Verler Siedlungsgeschichte beginnt vor über 800 Jahren.

Die Ersterwähnung des Namens „Verlo“ stammt aus dem Jahre 1264. In einer Urkunde bestätigt  „Hinricus de Verlo“ (Heinrich von Verl) eine Schenkung des Grafen zu Rietberg. „Verlo“ gibt damals nicht einen vererbbaren Familiennamen an, sondern bezeichnet eine Hofstelle, vermutlich den heutigen Hof Meier zu Verl. Eine spätere Urkunde aus dem Jahre 1370 gibt einen Hinweis auf „dat dorp to Verlo“, ein Dorf zu Verl mit einer Mühle und vier Häusern.

Mit dem Bau der Annenkapelle beginnt 1512 die Entwicklung des Kirchspiels Verl, zu dem die Bauerschaften Verl, Bornholte, Sende und Liemke gehören.

1838 wird Verl Sitz der Amtsverwaltung.

Mit der kommunalen Gebietsreform beginnt 1970 die Entwicklung der Gemeinde zur Stadt Verl, in der heute zirka 26.000 Einwohner leben.


1) Kirchplatz


Wir starten am Kirchplatz der St. Anna-Kirche.

Der Kirchplatz ist die Keimzelle der heutigen Stadt Verl. 1512 wurde der Grundstein für die Annenkapelle als erste Kirche im Verler Land gelegt. Es entstand das Kirchspiel Verl mit den Bauerschaften Verl, Bornholte, Sende und Liemke. Von 1792 bis 1802 ließ der Landesherr Fürst Wenzel Anton Graf zu Rietberg-Kaunitz die heutige Pfarrkirche St. Anna errichten. Im Laufe der Zeit hat sich das ehemals kleine Kirchdorf nach Südwesten hin zu einem geschäftlichen und kulturellen Stadtzentrum entwickelt.


2) Schulzentrum


Über Sender Straße, Hauptstraße, Hopeweg und Kühlmannplatz kommen wir zum Verler Schulzentrum.

Als erstes Schulgebäude im Dorf diente das Küsterhaus. Erst 1866 wurde ein eigenes Schulhaus hinter dem Denkmalplatz errichtet, das am Karsamstag 1945 in Flammen aufging. Danach entstand ein neues Volksschulgebäude, die heutige Marienschule. Ab Mitte der 1960er setzte eine dynamische Entwicklung ein: 1965 wurde die Realschule gegründet, 1968 die Hauptschule und 1977 das Gymnasium. Der Bau der Mensa erfolgte 2010. Seit 2013 gibt es die Gesamtschule. Haupt- und Realschule wurden 2018 aufgelöst.


3) Hof Meier zu Verl (Zum Meierhof)


Am westlichen Ende des Friedhofsweges befindet sich die nächste Station.

Hier, am Winkel von Friedhofsweg und der Straße Zum Meierhof, liegt unter einem Eichenhain der Althof Meier zu Verl. Einen ersten Hinweis auf diesen Althof gibt eine Schenkungsurkunde  aus dem Jahr 1264, die von „Hinricus de Verlo“ (Heinrich von Verl) bezeugt wird. Die Hofstelle grenzt an das Friedhofsgelände. An der Straße Zum Meierhof liegen hinter der Ölbachbrücke das 1976/77 erbaute Freibad und das 2014 errichtete   Biomasseheizwerk, aus dem Wärme in das Fernwärmenetz eingespeist wird.


4) Verler See und Helfgerd-Siedlung


Der Radweg nördlich des Wohngebietes „Lerchenweg Nord“ führt zum alten Klärwerk Hauphoff (heute Regenrückhaltebecken) und weiter am Ölbach entlang zum Verler See mit der Helfgerd-Siedlung.

Als die Gemeinde Verl in den 1960er auf dem Grund des Bauernhofes Helfgerd eine Wohnsiedlung und einen Baggersee plante, um den Ortsteil Sürenheide mit dem Verler Ortskern zu verbinden, entwarf Architekt Prof. Reichow die Siedlung mit Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie Hochhäusern mit bis zu acht Stockwerken.


5) Gewerbegebiet am Leinenweg


Weiter führt der Radweg westlich um den Verler See zur 1832 erbauten Bunten Mühle am Ölbach und über den Buntenweg in das Gewerbegebiet zwischen Lerchenweg, Leinenweg und Brummelweg.

In diesem Bereich befand sich früher die Ziegelei Vorderbrüggen. Heute finden sich hier neben kleineren Gewerbebetrieben ein Postzustellstützpunkt, die Kita „Marco Polo“ sowie das Bonhoeffer-Haus, eine Zweigstelle des Droste-Hauses. Dieses Gebäude diente von 1955 bis 1980 als evangelische Volksschule von Verl.


6) Hülshorstweg


Über den Brummelweg gelangen wir auf den Hülshorstweg.

Der historische Bauernhof Hülshorst ist der Namensgeber für den Hülshorstweg. Hier befindet sich heute die Unternehmenszentrale der 1980 gegründeten Firma Beckhoff Automation, ein Spezialist für PC-basierte Steuerungssysteme für Maschinen, Anlagen und Gebäude. In Deutschland unterhält Beckhoff  Automation 23 Vertriebsniederlassungen. Durch weltweite Kooperationspartner ist das Unternehmen zudem in über 75 Ländern vertreten. Beschäftigt werden insgesamt rund 4.300 Mitarbeiter.  


7) Verl-West


Wir überqueren die Gütersloher Straße und fahren weiter auf dem Strothweg.

Das Gebiet im Bereich von Strothweg, Eiserstraße und Westfalenweg wird allgemein als „Verl-West“ bezeichnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand an der Kreuzung von Westfalenweg und Strothweg die sogenannte „Sielhorst-Siedlung“ zur Unterbringung von Evakuierten und Flüchtlingen. Heute leben in Verl-West etwa 1.200 Einwohner. Über die „Entwicklungsstudie Eiserstraße“ soll das Gebiet in den nächsten Jahren als Wohn- und Gewerbestandort mit Erholungswert städtebaulich weiterentwickelt werden.  


8) Frühere Fleischwarenfabrik Blankemeyer (Gütersloher Straße 127)


Über den Westfalenweg und Westweg kommen wir zur Gütersloher Straße, der wir ein kurzes Stück folgen.

Die historische Fleischwarenfabrik der Gebrüder Blankemeyer entstand 1925. Zuvor befanden sich die Produktionsstätten an der damaligen Bahnhofstraße (heute Hauptstraße 5) in Verl. Nachdem Blankemeyer 1928 den Gütersloher Fleisch- und Wurstwarenbetrieb Marten übernommen hatte, wurde die Fabrik von der GEPAG weitergeführt. Das Gelände mit dem denkmalgeschützten Fabrikgebäude ist heute Sitz von Arvato Financial Solutions, einer Tochter der Bertelsmann AG.


9) Heroal (Österwieher Straße 80)


Über den Westring und die Wohnstraßen Haferkamp, Katherine-Allfrey-Straße, Ernst-Meurin-Straße und Östernkamp kommen wir zur Österwieher Straße.

In den letzten Jahrzehnten wurde das Gebiet nördlich der TWE-Bahnlinie, das zuvor teils zu Verl und teils zu Bornholte gehörte, zu einem geschlossenen Wohngebiet. Gleichzeitig entwickelte sich aus der historischen Holzschuhfabrik Henkenjohann die Firma heroal, die heute mit ca. 800 Mitarbeitern Aluminium-Profilsysteme für Rolläden, Rolltore, Fenster, Türen und Fassaden produziert. Als Betriebs-Kita wurde 2016 ein Waldorfkindergarten gegründet, der auch Plätze für weitere Kinder bietet.  


10) Bühlbusch


Über Herderstraße, Johann-Strauß-Weg, Paul-Lincke-Weg kommen wir zur Straße Am Bühlbusch.

Der Bühlbusch, ein kleiner Buchenwald, liegt auf dem Scheitelpunkt eines Höhenrückens, einer Moräne, aus der Saale-Eiszeit (vor ca. 200 000 Jahren). Dieses Gelände bot den Altbauern aus dem Verler Dorfkern günstige Voraussetzungen zur Anlage ihrer Getreidefelder. Die Felder in ihrer Gemengelage bilden eine sogenannte „Esch-Flur“. In dem Wäldchen zwischen dem Verler Feld und dem Bornholter Feld wird traditionsgemäß am Festtag Christi Himmelfahrt die heilige Messe gefeiert.


11) Erlöserkirche, Paul Gerhardt-Straße


Über Lessingstraße, Kantstraße und Goethestraße gelangen wir zur Paul-Gerhardt-Straße.

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts gab es im Verler Land nur wenige evangelische Einwohner. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Zahl durch den Zuzug von Heimatvertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten deutlich anstieg, wurde ein Kirchbauverein gegründet. Nach nur kurzer Bauzeit konnte die Erlöserkirche im Dezember 1951 eingeweiht werden. Der große Glockenturm folgte nachträglich erst 1963. Die Kirche wurde später um ein Gemeindezentrum erweitert und 2010 im Inneren neu gestaltet.  


12) Marktplatz


Über Lindenstraße und Uhlandstraße gelangen wir zur Bahnhofstraße.

Auf dem Gelände, das bis zum Ende des 19. Jahrhunderts landwirtschaftlich genutzt wurde, begann 1903 mit der Inbetriebnahme der TWE-Linie, dem TWE-Bahnhof und der bäuerlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft eine neue Entwicklung. 1979 entstand der Neubau der Post, danach erfolgte der Ausbau des Marktplatzes. Im Rahmen der geplanten Neugestaltung des Verler Ortskerns soll der Marktplatz zu einer zentralen Platzfläche im Ortskern der Stadt werden, die eine hohe Aufenthaltsqualität bietet.


13) Schützenhalle (Paderborner Str. 88) und Nordostumgehung


Über Paderborner Straße, Schmiedestrang und erneut die Paderborner Straße gelangen wir zur Schützenhalle.

1898 errichteten die vereinigten Schützengilden Verl und Kaunitz auf dem „Schützenhofe an der Straße nach Kaunitz“ eine Schützenhalle. Im Laufe der Zeit wurde sie mehrfach erweitert und modernisiert und ist bis heute Heimat der Verler St. Hubertus Schützengilde. Die Nordostumgehung wurde nach langjährigen Planungen am 10. Dezember 2010 in einer Länge von etwa 1000 Metern eröffnet. Dies trug zur Entlastung der innerörtlichen Verkehrssituation bei.


14) Naherholungsgebiet an Öl- und Landerbach


Über die Straßen Schmiedestrang und Im Loh fahren wir in das ländliche Umfeld.

Etwa einen Kilometer östlich vom Verler Ortskern nimmt der Ölbach den Landerbach auf. Hier beginnt das bei Spaziergängern und Freizeitsportlern sehr beliebte Naherholungsgebiet zwischen den beiden Sennebächen und dem Holter Wald. Der typische Landschaftsraum der Feuchtsenne ist besonders geschützt und zeigt auf der Verler Seite noch typische Strukturen der alten bäuerlichen Kulturlandschaft. Der Holter Wald diente ehemals als Jagdrevier der Grafen zu Rietberg.

 

15) Sportclub-Arena (Poststraße 22)


Über die Straßen Am Ölbach und Sender Straße nähern wir uns der Sportclub-Arena.

Zwischen der Nordostumgehung und dem historischen Dorfkern von Verl liegt das Sportgelände des Sportclubs Verl von 1924. Beim SC Verl sind mehr als 25 Teams aktiv. Mit den sportlichen Erfolgen der 1. Fußballmannschaft wurde das Sportzentrum schrittweise vergrößert, zuletzt durch den Ausbau zur Sportclub Arena mit ca. 5.000 Zuschauerplätzen und einen neuen Hauptzugang von der Sender Straße aus. Inzwischen spielt die „Erste“ in der 3. Bundesliga, weitere Ausbaupläne werden daher diskutiert.  


16) Rathaus und Bürmsche Wiese


Von der Poststraße aus erreichen wir das Rathaus und die Bürmsche Wiese.

Seit 1838 gibt es in Verl eine Kommunalverwaltung. Die Anfänge des heutigen Rathauses gehen zurück auf Amtmann Rohden, der 1885/86 den Grundstein zum Neubau eines Amtshauses legte, das später mehrfach erweitert wurde. Heute findet es sich im mittleren Teil des modernen, 2008 fertiggestellten Rathauses wieder, das 2019 einen weiteren Anbau mit einem neuen Ratssaal erhielt. 2020 wurde die Bürmsche Wiese hinter dem Rathaus als öffentliche Grünfläche mit verschiedenen Kunstobjekten eröffnet.  


17) Hotel "Wunners Wat"


An der Schnittstelle von Sender Straße und Poststraße finden wir die nächste Station.

Das Haus Sender Straße 23 wurde erstmalig 1612 dokumentiert als „Kötterstelle Lütkemann“. Im Jahre 1728 bewohnte ein Küster das Haus, der hier auch die Dorfkinder unterrichtete. 1882 wurde in dem Gebäude dann die „Altdeutsche Gaststätte“ eingerichtet, die 1996/97 um einen Hotelanbau erweitert wurde. In den Jahren 2019/20 entstand neben dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus mit der Gaststätte ein neues Design-Hotel, das den plattdeutschen Namen „Wunners Wat“ („etwas ganz Besonderes“) trägt.

Text und Fotos (außer 4 und 13): Bernhard Klotz (März 2021)