Heimatkunde in Verl und anderswo
Es gibt viel zu entdecken, fangen wir an!
 

Radtour Bornholte...

Das "Team Bornholte" unter den Verler Stadtführern (Foto: P. Kröning).


... das ist ein 20 km Rundweg durch die ehemalige Bauerschaft und selbständige Gemeinde Bornholte, erarbeitet von Franz-Josef Brinkmann, Norbert Strieker und Annette Kröning.

Historie und Geschichten rund um die ehemalige Bauerschaft und selbständige Gemeinde Bornholte sind interessant und bieten sich für eine Radtour an. Die Entwicklung Bornholtes spiegelt den Werdegang der Stadt Verl wider und lässt sich mit einer Fahrt durch schöne Landschaften verbinden!

Für den etwa 20 Kilometer langen Rundkurs mit 19 Stationen kann man 1,5 bis 2,5 Stunden Fahrzeit veranschlagen.

Hier finden Sie Karten und Informationen zu den Stationen.

Wenn Sie gerne die Fahrradtouren-App "komoot" nutzen, so finden Sie hier den Link:



Karte des Amtes Verl aus dem Jahr 1955 (Stadtarchiv Verl). Die alten Gemeindegrenzen sind in schwarz dargestellt, die lilafarbene Kontur zeigt die Grenzen der heutigen Stadt Verl (Bearbeitung A. Kröning).


Bevor wir uns auf den Weg machen: Wo liegt Bornholte eigentlich?

Die zum 1. Januar 1970 aufgelöste Gemeinde umschloss die heutige Kernstadt bogenförmig im Osten und Süden. Gäbe es die früheren Gemeindegrenzen noch, so würden sich viele Gebäude der Stadt Verl heute auf Bornholter Grund befinden. In der Schulchronik der Meermeier-Schule wird Bornholte beschrieben als „...eine langausgedehnte Gemeinde, welche sich von Osten nach Westen erstreckt und in dieser Richtung etwa 7 km mißt. Die Breite von Norden nach Süden beträgt ungefähr 3 km.“

Die erste Erwähnung Bornholtes finden wir in einer alten Urkunde aus dem Jahr 1453. Zu dieser Zeit war die Bauerschaft Teil der Grafschaft Rietberg und wurde von dort aus regiert und verwaltet. Die politische Struktur änderte sich seitdem mehrmals.

 

Karte Radtour Bornholte © Kreis Gütersloh 2020 | Land NRW (2020) Deutschland – Zero – Version 2.0 (Bearbeitung A. Kröning).


1 Rathaus (Paderborner Straße 5)

Amtshaus Verl, Ausschnitt einer Ansichtskarte von 1898 (Sammlung H.-J. Pähler).
Bornholter Wappen (Grafik von A. Kröning).


Wir starten unsere Tour am Rathaus, dem heutigen Verwaltungssitz.

Als die Grafschaft Rietberg im Jahr 1807 an das Königreich Westfalen fiel, wurde aus der Bauerschaft Bornholte eine Gemeinde, die vom Kantonssitz in Neuenkirchen verwaltet wurde. Das blieb auch 1815 so, als das Gebiet zum Königreich Preussen kam. Eine neue politische Verwaltungsstruktur wurde erst 1838 geschaffen, als aus den Gemeinden Verl, Bornholte, Österwiehe, Liemke und Sende der Kanton Verl gebildet wurde; einige Jahre später wurde hierfür die Bezeichnung „Amt Verl“ eingeführt. Als man 1938 das 100jährige Jubiläum des Amtes Verl beging, wurden den Gemeinden Wappen verliehen. Das Bornholter Wappen ist ein „redendes Wappen“, das auf die Bestandteile des Namens hinweist: Der silberne Wellenbalken im 2. und 3. Feld steht für eine Quelle („Born“), der grüne Eichenbaum im 1. und 4. Feld verweist auf ein Gehölz („Holte“). Die Erklärung des Namens als „Quellwald“ ist aber wohl eine Fehldeutung. Ulrichs Brocks Forschungen ergaben, dass die alten Schreibweisen „Bernholte“ und „Barnholt“ auf die Bedeutung „Brennholz“ oder „Waldgebiet mit Brennholz“ zurückzuführen sind.

Ein eigenes Gebäude erhielt der Verwaltungssitz in Verl im Jahr 1860. Es brannte 1885 nieder und der Amtmann baute es im selben Jahr neu. Dieses damalige Amtshaus finden wir im mittleren Teil des heutigen Rathauses wieder. Von hier aus wurde auch Bornholte verwaltet. Die Gemeinde war ansonsten politisch unabhängig und konnte eigene Entscheidungen treffen z. B. in Bezug auf den Wege- und Schulbau. Sie wurde von Gemeindevorstehern (später auch Gemeindebürgermeister genannt) geleitet. Einer der ersten Ortsvorsteher – und uns namentlich bekannt – war Landwirt Conrad Kolkmann gnt. Balsfulland, der bis 1859 das Amt inne hatte.


2 Bühlbusch (Am Bühlbusch)

Darstellung der geologischen Schichten: Der auf der Karte gelblich gefärbte Geländerücken besteht hauptsächlich aus Sand und Schluff, einzelne Bereiche weisen feine Schluff- bis Tonanteile auf. Der Bühlbusch ist mit einem roten Punkt markiert (Geoportal NRW, bearb. von A. Kröning).
Gottesdienst am Bühlbusch an Christi Himmelfahrt im Jahr 2008 (Foto B. Klotz)


Über die Bahnhofstraße erreichen wir den Bühlbusch.

Der "Bühlbusch" liegt mittig auf einem langgestreckten Höhenrücken. Der flache Hügel wurde in der Eiszeit vor etwa 200.000 Jahren abgelagert und steigt von der Ölbachaue bis hierher auf 8 Meter an. Der Geländerücken mit hohem Lehm- und Tonanteil war ertragreicher als die sandige Ebene ringsum. Hier befand sich das eingehegte Ackerland der Altbauern, in Flurkarten als „Kamp“ bezeichnet .  

Auf der nördlichen Seite vom Bühlbusch gab es Getreidefelder der Verler Höfe, das sogenannte "Verler Feld". Auf der südlichen Seite lagen die Felder der Bornholter Höfe, das "Bornholter Feld".

Der kleine Eichen- und Buchenhain des Bühlbusches liegt genau dazwischen. Er war schon in früheren Zeiten das Ziel von Prozessionen. Belegt ist für das Jahr 1747, dass die Gläubigen gegenüber dem Geistlichen auf ihrem traditionellen Umzug zu diesem Ort beharrt haben. Auch heute findet an Christi Himmelfahrt am Bühlbusch ein Gottesdienst statt.

Für den Wohnungsbau wurde das umliegende Gelände in den 1960er Jahren erschlossen.


3 „Heroal“ (Österwieher Straße 80)

Firma "Heroal" an der Österwieher Straße (Foto A. Kröning).
Einwohnerbuch für Gütersloh und Umgegend von 1932 (Ausschnitt).


Wir fahren weiter über Paul-Linke-Weg, Johann-Strauß-Weg und Österwieher Straße.

An der Schnittstelle vom Paul-Linke-Weg auf den Johann-Strauß-Weg überqueren wir die Grenze nach Bornholte. Die beiden Straßen führen uns zu einem erfolgreichen Wirtschaftunternehmen mit Bornholter Wurzeln: „Heroal“.

Firmengründer Johann Henkenjohann machte sich an dieser Stelle im Jahr 1874 mit der Produktion verschiedener Holzprodukte – unter anderem Holzschuhe – selbständig. Sein Enkel Johann Henkenjohann übernahm den Handwerksbetrieb 1950. In den Jahren des Wiederaufbaus nach dem Krieg wandte sich der Betrieb der Produktion von Rollläden zu. Das mündete in die Erfindung eines ausgeschäumten Rolladenstabes im Jahr 1966. Die neue Produktionstechnik spiegelte sich im neuen Firmennamen wider („Henkenjohann rollformt Aluminium“). Seit dieser Zeitpunkt entwickelte sich heroal zu einem führenden Produzenten von Aluminium-Produkten wie Rollläden, Fenstern, Türen usw. Am Standort in Verl befinden sich die Verwaltung, das Prüfzentrum sowie die Produktion von Rollläden, Rolltoren und Sonnenschutzsystemen.


4 Feldschule (Eichendorffstraße 77)

Lehrer Friesmeyer vor der Feldschule, etwa 1910.
Feldschule nach 1950.
Feldschule im Jahr 2018 (Foto: A. Kröning).


Über die Händelstraße erreichen wir die ehemalige Feldschule.

Der Bau wurde 1909 errichtet und als vierte Bornholter Volksschule genutzt. Der Name „Feldschule“ bezieht sich auf das  „Bornholter Feld“, den fruchtbaren Geländerücken, auf dem sie sich befindet. Im Volksmund etablierte sich auch der Name „Friesmeyer-Schule“ nach dem damaligen langjährigen Lehrer. Die ursprünglich einklassige Schule wurde zwischenzeitlich erweitert, im Rahmen der Neugliederung des Volksschulwesens aber schließlich im Jahr 1968 aufgelöst.

Die 1977 neuerrichtete Grundschule Am Bühlbusch deckt die ehemaligen Schulbezirke der Bornholter Schulen Feldschule und Seppeler Schule ab.


5 Siedlung Kleiststraße

Siedlung Kleiststraße (Foto A. Kröning).
Oberkreisdirektor Hans Scheele (links) begründete die KHW 1953. Im Jahr 1962 war er zur Amtseinführung von Amtsdirektor Klose in Verl (Foto: Stadtarchiv Verl).


Über Eichendorff- und Rilkestraße erreichen wir die Kleiststraße.

Mit der weiteren Entwicklung des Ortes erwuchs auch die Aufgabe, den sozialen Wohnungsbau in Angriff zu nehmen.

Der Siedlungskomplex an der Kleiststraße wurde von der KHW – Kommunale Haus und Wohnen GmbH – errichtet und wird seit 1970 bewohnt. Die drei Gebäuderiegel enthalten 42 Wohnungen, erweitert wurden sie 1995 um ein schmaleres Gebäude. Die Bauherrin KHW, 1953 gegründet als Kreisheimstätte Wiedenbrück, hatte in ihren Gründungsjahren zunächst die Wohnungsnot unter den Heimatvertriebenen im Blick. Heutzutage verfolgt man generell das Ziel, eine Wohnraumversorgung für breite Bevölkerungsschichten sicherzustellen.

In Sichtweite stehen Flüchtlingsunterkünfte, die sog. Schwedenhäuser. Die Stadt Verl errichtete im Jahr 2016 drei Riegel mit je drei Holzhäusern, die Platz für bis zu 60 Personen bieten. Jedes der Häuser verfügt über 60 Quadratmeter Platz.


6 Klump und Gaststätte Kastanienkrug (Österwieher Str. 161)

Ansichtskarte Gaststätte Venne / Kastanienkrug (Ausschnitt).
Ansichtskarte aus den 1970er Jahren (Stadtarchiv Verl).


Über die Österwieher Straße steuern wir den „Klump“ an.

Klump“ nennt man landläufig die Ballung von Haus- und Hofstellen im nordwestlichen Teil der Bauerschaft Bornholte. Dazu gehören die Hofstellen Steinlage, Hartkämper, Venne (Kastanienkrug) und Schätty.

Die Gaststätte Kastanienkrug - heute von Familie Brockmeier betrieben – war ehemals ein wichtiger Versorger der umliegenden Bauerschaft. Bereits 1911 war Peter Venne hier als Kleinhändler aktiv. Später kamen eine Bäckerei, Kolonialwarenhandlung, Poststation, Kohlenhandlung und ein Gasthof hinzu. Während die anderen Geschäftszweige inzwischen nicht mehr bestehen, ist der seit den 1950er Jahren betriebene „Kastanienkrug“ weiterhin Nachbarschaftstreff und Ausflugsziel.

7 Seppeler-Kapelle, Seppeler-Schule und Droste-Haus (Schillingsweg 11)

Gottesdienst vor der Seppeler-Kapelle im Jahr 1990.


Über den Sinnerbrinksweg und Schillingsweg erreichen wir die nächste Station mit drei  interessanten Einrichtungen.

Die Seppeler-Kapelle ist eines der ältesten Bauwerke in Verl. Die barocke Feldkapelle  wurde ungefähr 1660 errichtet. Ab 1658 sind Bittprozessionen  zur Kapelle belegt; sie führten die Gläubigen der Grafschaft Rietberg am Mittwoch vor Christi Himmelfahrt hierher. Heutzutage findet an diesen Bitt-Tagen noch eine Messfeier vor der Kapelle statt. Die Kapelle wurde 2005 in die Denkmalliste der Kommune eingetragen und 2009 grundlegend restauriert.

Benannt ist die Kapelle nach dem nahe gelegenen Hof Seppeler, der zuletzt von der Familie Großerüschkamp bewirtschaftet wurde (Reckerdamm 48).


Das alte Gebäude der Seppeler-Schule stand bis 1965.
Lehrer und Autor Ernst Meurin (1885 – 1970).


Auf dem Areal des Droste-Hauses stand früher die „Seppelerschule“, eine von 4 Bornholter Volksschulen. Sie wurde 1892 eröffnet und war baugleich mit der Schule in Bornholte-Bahnhof.

Zeitweise war auch die Bezeichnung „Meurin-Schule“ üblich. Lehrer Ernst Meurin (1885-1970) unterrichtete von 1906 bis 1950 an der Seppler-Schule und tat sich außerdem als humoristischer Heimatdichter hervor. Seine Zeitungskolumne „Hören Sie mal, Frau Nachbarin“ genoss in der Verler Bevölkerung einen legendären Ruf, weil er zahlreiche hiesige Vorkommnisse anekdotenhaft publik machte.

Das alte Schulhaus wurde 1965 abgerissen und durch einen direkt daneben gelegenen Neubau mit Flachdach ersetzt. Dieser wurde nicht mehr lange genutzt, denn 1968 erfolgte die Neuordnung der Volksschule, die zur Auflösung dieses Standortes führte


Das Droste-Haus befindet sich seit 1997 am Schillingsweg (Foto: A. Kröning).
Hugo Wöstemeyer (1925 – 2006), Gründer des Droste-Hauses.


Seit 1997 hat im ehemaligen Schulneubau das Droste-Haus seinen Sitz. Zuvor wurden mit hohem ehrenamtlichem Engagement Schulgebäude und Außengelände umfassend umgestaltet.

Begründet wurde das Droste-Haus im Jahr 1959 von Hugo Wöstemeyer. Er war als Soldat im 2. Weltkrieg und initiierte aus dieser Erfahrung heraus das Jugendaustauschwerk, um Frieden und Freundschaft zwischen den Völkern zu stiften.

Mittlerweile ist das Droste-Haus in vielen Bildungsbereichen tätig. Das „Jugendaustauschwerk“ ermöglicht internationale Jugendbegegnungen. Als „Familien- und Bildungsstätte“ hält es zahlreiche Fortbildungskurse bereit. Seine Aufgabe als „Familienzentrum“ nimmt es mit Angeboten im pädagogischen Bereich wahr.


8 Ehemaliges Lokal Grenzeiche, Moschee (Reckerdamm 146)

Das frühere Ladenschud der Grenz-Eiche (Foto: D. Bürmann).
Im Inneren der Moschee (Foto: A. Kröning).


Über den Schillingsweg und den Reckerdamm lässt sich die Radtour um diese Station erweitern.

Bis 2018 betrieb die Inhaberfamilie Baak hier die traditionsreiche Gaststätte „Grenz-Eiche“. Die Bezeichnung „Grenz-Eiche“ verwies auf die direkt westlich vom Haus verlaufende Grenze nach Varensell. Auch die Discothek „Flash“ befand sich hier, Anziehungspunkt für die Verler Jugend in den 1970er und 1980er Jahren.

Seit 2019 ist in dem Gebäude die Moschee der türkisch-islamischen Gemeinde aus Verl untergebracht. Zuvor, seit etwa 1992, befand sich eine private Moschee an der Gütersloher Straße. Die Glaubensgemeinschaft mit etwa 110 Mitgliedern und weiteren Teilnehmern aus dem Verler Umfeld schloss sich 2014 dem Ditib-Verband an. Alljährlich zum Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober, werden Besucher zum Tag der offenen Tür willkommen geheißen.


9 Ehem. Kunststoffwerk Münkel, „Arvato“ (Henkenstraße 59)

Luftbilder des Arvato-Geländes aus den Jahren 1964-65 und 2017 (© Kreis Gütersloh 2020 | Land NRW (2020) Deutschland – Zero – Version 2.0)


Über den Reckerdamm, den Reckeweg und den Rieckweg erreichen wir das nächste Ziel.

Das Kunststoffwerk Münkel war in den 1970er und 1980er Jahren ein bedeutender Arbeitgeber in Verl. Als Karl Münkel das Werk in den 1950er Jahren gründete, wurden in der kleinen Familienwerkstatt – gemeinsam mit Ehefrau Hedwig – Tapetenleisten anfertigt. Ebenso wie sich das Sortiment um hölzerne Rollden und Fenster erweiterte, wuchs auch  die Mitarbeiterzahl. Wiederholt vergrößerte man das Firmengebäude inmitten der bäuerlichen Landschaft. In den 1960er Jahren stieg die Firma Münkel in die Kunststoffproduktion ein und fertigte in Spritzgusstechnik Gartenmöbel der Marke „Darolet“. Unter der Bezeichnung „Luchs“ stellte man Hausgeräte  wie Messbecher, Mausefallen u. a. her. In den Spitzenzeiten des Unternehmens wurden über 300 Mitarbeiter beschäftigt. Die Fabrik wurde mehrmals, zuletzt im Jahr 1980, von Bränden heimgesucht und anschließend wieder erweitert aufgebaut. Nach Rückzug des Firmengründers geriet das Werk in eine wirtschaftliche Schieflage und wurde im Jahr 1990 schließlich abgewickelt.

Die fast 47.500 qm Hallenfläche werden heutzutage von der Bertelsmann-Tochter „Arvato“ genutzt. Hier werden in einer Verpackungsstraße Bücher versandfertig gemacht. Eigentümer Heroal plant die Erweiterung um 8700 qm durch einen südlich gelegenen Erweiterungsbau (Stand Februar 2020).


10 Niedieks Mühle (Österwieher Straße 317)

Diedieks Mühle um 1970, Turbinenhaus und Stauanlage (Aus: G. Potthoff: Wassermühlen in Schloß Holte-Stukenbrock, Verl und Hövelhof. 1995).


Über die Varenseller Straße, Ahornweg und Ackerweg erreichen wir das nächste Ziel.

Die Varenseller Straße bildet die Grenze zwischen Bornholte und Österwiehe und wir radeln ein Stück durch Österwiehe zu Niedieks Mühle.

Die Gräflich-Rietbergische Getreidemühle Niediek (auch als „Niedicker Mühle“ bezeichnet) wurde im Jahr 1612 erstmals erwähnt. Das mittelschlächtige Wasserrad der Mühle wurde von der Wapel angetrieben. Nach 1759 wurden die Einwohner der neu entstandenen Siedlung Kaunitz (damals noch Neukaunitz genannt) Niedieks Mühle zwangsweise zugeordnet. Während die ersten Müller den Namen Niediek trugen, hießen spätere Müller Falkenrek und Müller zu Verl. Um 1900 ging die Mühle in den Besitz der Familie Hermann Johannhambrinker über. Johann und Peter Hambrinker waren – bis 1967 – die letzten Müller dieser Mühle.


11 Wapelspeicherbecken (Brückenweg)

Wapelspeicherbecken (Foto A. Kröning)
Hochwassergefahrenkarte der Bezirksregierung Detmold. Unsere Station an der Brücke (roter Punkt) befindet sich nördlich der großflächigen Rückhaltebecken (Kartenblatt B007 vom Dezember 2019, Hochwasserszenario: Hohe Wahrscheinlichkeit).


Über den Forellenweg erreichen wir die Brücke am Brückenweg.

Hier erhalten wir einen Eindruck von den Wasseranlagen des Wapelspeicherbeckens..

Die 35 km lange Wapel ist ein Zulauf für Dalke und Ems. Sie entspringt östlich von Stukenbrock am Südosthang des Teutoburger Walds und trägt auf den ersten Kilometern den Namen Wehrbach. Als Wapel fließt der Bach durch Verl, Neuenkirchen, Rheda-Wiedenbrück und Gütersloh, bis er von der Dalke aufgenommen wird.

Da die Wapel insbesondere in niederschlagsreichen Wintermonaten  im Mittel- und Unterlauf zu Überflutungen neigte, errichtete der Wapel-Wasserverband (mit den Städten Rheda-Wiedenbrück, Rietberg und Verl) zwischen 2008 und 2019 zwei Hochwasser-Rückhaltebecken. Mehr als 300.000 Kubikmeter Wasser sollen beide Becken aufnehmen.


12 Meermeier-Schule, Tennisclub Verl e. V. (Kampweg 12)

Das Luftbild verdeutlicht die Lage der früheren und heutigen Gebäude. (© Kreis Gütersloh 2020 | Land NRW (2020) Deutschland – Zero – Version 2.0, Bearbeitung: A. Kröning).
Alte Meermeier-Schule. Links, im Fachwerkhaus, wohnte der Lehrer, rechts war das Schulhaus.
Schulbau von 1953.


Über Brückenweg, Bornholter Straße und Kampweg erreichen wir die ehemalige Meermeier-Schule.

Am Kampweg 4 stand das erste zentrale Schulgebäude Bornholtes. Der Backsteinbau wurde 1869 errichtet, daneben stand ein Fachwerkhaus, in dem der Lehrer wohnte. Heute steht hier ein schlichtes Wohnhaus, von den alten Schulgebäuden ist nichts mehr zu sehen.

Denn als die baulichen Mängel immer größer wurden, errichtete man 1939 zunächst ein neues Lehrerwohnhaus (am heutigen Kampweg 10). In den Nachkriegsjahren verkaufte die Gemeinde Bornholte das alte Schulhaus und Lehrerwohnhaus an den Gastwirt Meermeier und tauschte mit ihm Schulgrundstücke gegen anderes Land. Man baute eine neue zweiklassige Schule mit Lehrerwohnungen und nahm sie 1953 in Betrieb.

Nach der Neuordnung der Volksschulen im Jahr 1968 wurde das Schulgebäude nicht mehr gebraucht.

Bereits 1969 verpachtete man das Schulgelände an den Tennisclub Kaunitz. Der TC Kaunitz betreibt hier mitten im Grünen eine 7-Platz-Anlage.


13 Hof Meermeier gnt. Bredeick (Lindenstraße 157)

Das alte Hofgebäude aus dem Jahr 1686 brannte im Frühjahr 1981 ab (Foto: priv.)
Der heutige Hof Meermeier gnt. Bredeick (Foto: A. Kröning).
Das Schild in Delphos erinnert an die Brüder Johannes Otto und Ferdinand Bredeick (Foto: F. Meißner).


Über die Lindenstraße erreichen wir nach 500 Metern die Hofstelle Meermeier.

Vom Hof Meermeier gnt. Bredeick stammt Pfarrer Johannes Otto Bredeick (1789-1858).

Er unterstützte und begleitete viele Verler Familien bei ihrer Auswanderung in die USA. Auf dem Hof verbrachte er seine Kinderjahre, besuchte dann das Gymnasium in Rietberg und wurde nach seiner weiteren Ausbildung Pfarrer und Domkapitular in Osnabrück. Die bedrückende Armut und Not der Bauern im Verler und im Osnabrücker Land ließ ihn nach Wegen suchen, den Menschen zu helfen. Gemeinsam mit seinem Bruder Ferdinand, der den elterlichen Hof in Bornholte bewirtschaftete, organisierte er eine Auswanderungsbewegung. Die Brüder kauften von der US-Regierung Land in Ohio und suchten Familien aus, die mit auswandern wollten. In mehreren Wellen fand diese Auswanderung statt. Sein Bischof ließ Pfarrer Johannes Otto Bredeick erst später aufbrechen. Die Brüder gründeten die Städte Delphos und Ottoville und engagierten sich in der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung der Region.

Die Beziehungen zu Verl gerieten in Vergessenheit und wurden erst ab 1993 durch Besuche wiederbelebt. 1999 wurde die Städtepartnerschaft zwischen Verl und Delphos besiegelt.


14 Wanderschule bei Sielhorst (Rolandstraße 27)

Alte Wanderschule bei Sielhorst.


Über Lindenstraße, Rolandstraße, Baumweg und den idyllischen Heckenweg nähern wir uns dem nächsten Ziel.

Die Tour kann um einen Abstecher zur alten Wanderschule erweitert werden.

Dieses Fachwerkhäuschen war der Vorläufer der alten Meermeier-Schule. Bis 1869 wurden hier, in der „Wanderschule bei Sielhorst“, und am Frickenweg, in der „Wanderschule bei Seppelfricke“, Unterricht gehalten. Der Lehrer unterrichtete die Kinder der Umgebung zunächst an dem einen Standort und wanderte anschließend zum etwa 4 km entfernten anderen Standort. Diese Form des Unterrichts wurde – wegen der Wegstrecken, die der Lehrer zurücklegen musste – Wanderschule - genannt.

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15 Gaststätte „Mutter Anna“ (Bergstraße 1) und Haltestelle Bornholte Bahnhof

Anna und Hermann Schröder (Foto: priv.)
Luftbild der Gastwirtschaft aus dem Jahr 1972.


Nach einer gründlichen Renovierung durch den Bürgerverein wurde der Bahnhof 1995 bei einer Sonderfahrt wieder genutzt. (Bild: Bürgerverein Bornholte)

Das Haus „Bergstraße 1“ markiert den Beginn der Siedlung „Bornholte Bahnhof“.

Die Gastwirtschaft wird im Volksmund „Mutter Anna“ genannt – ein Verweis auf die frühere Wirtin Anna Schröder (1882-1950).

Bereits mit ihrem ersten Ehemann, dem Wirt, Händler und Bäcker Heinrich Brei, bewirtschaftete sie ab 1902 das Haus. Als ihr Mann wenige Jahre später starb, heiratete die junge Witwe den Kötter und Wirt Johann Hermann Schröder. Anna Schroeder galt als „ehrdainige“ (bodenständige) und resolute Wirtin. Sehr freundlich verhielt sie sich gegenüber den Männern der nahe gelegenen Arbeiterkolonie „Mühlgrund“ (Bethel). Diese bezeichneten die wohlwollende Wirtin als „Mutter Anna“, ein Name, der sich schließlich auf die Gastwirtschaft übertrug. Seit 2014 befindet sich hier die "Osteria Gusto".


Eine kleine Anekdote über "Mutter Anna" hat Erika Heitmeyer in ihrem Buch "Pfeffer und Salz" (Rheda-Wiedenbrück 1984) festgehalten:

In Bornholte führte Mutter Anna mit Vater Hermann eine beliebte Gastwirtschaft. Diese lag so passend an der Straße nach Verl, dass Reisende und Ausflügler dort gern Station machten. Den meisten Betrieb gab es an Sonn- und Feiertagen, wenn schönes Wetter war und viele Leute mit dem Fahrrad unterwegs waren.
An einem Himmelfahrtstag war die Gastwirtschaft rappelvoll. Sogar die Stube neben dem Schankraum war ganz besetzt. Vater Hermann stand hinter dem Tresen und Mutter Anna bediente die Gäste an den Tischen - so ging das Hand in Hand. Mutter Anna vergaß auch nicht, die Gäste in der Stube nach ihren Wünschen zu fragen. Sie kam aus dem separaten Zimmer in den Schankraum zurück und rief Vater Hermann zu: "Hiärmann, do sitten en paar Löitens inne Stuoben, de wilt do noch ennen innehebben!"

(Der letzte Satz kann zweierlei bedeuten: Entweder die Mädchen wollen da noch eine Person mehr haben oder sie wollen sich da noch einen heben 😉).



Früher kaufte man im Wirtshaus auch Eisenbahnfahrkarten! In Sichtweite befindet sich die Eisenbahn-Haltestelle, die diesem Verler Ortsteil seinen Namen gab: Bornholte-Bahnhof.

Die Eisenbahnhaltestelle war seinerzeit ein Gemeinschaftswerk vieler Bornholter Bürger. Denn bei der Planung der TWE-Eisenbahn war hier in der Gemeinde keine Haltestelle vorgesehen worden, was für die Bornholter Ziegeleien aber dringend notwendig war. Daher schenkte Kolonialwarenhändler Heinrich Brei das Grundstück für die Haltestelle, Ziegeleibesitzer Undernhorst, Gemeindevorsteher Brand und Landwirt Großeschallau organisierten Steine und die Anwohner führten die Erdarbeiten aus. Bei der Eröffnung der Bahnstrecke im Jahr 1903 wurde hier tatsächlich eine Haltestelle eingerichtet: eine Güterhaltestelle. Die Bornholter wollten auch gerne eine Personenhaltestelle haben, mehrere Bittschriften wurden allerdings abgelehnt. Erst 1907 hatte eine Petition mit 284 Unterschriften von Bornholter Bürgern Erfolg. Wiederum auf eigene Kosten und mit Arbeitseinsatz zahlreicher Nachbarn baute man die Haltestelle aus. Am 18.12.1907 wurde schließlich die Personenhaltestelle in Bornholte eröffnet.

Das Ende des Personentransports wurde durch die zunehmende Verbreitung von PKWs eingeläutet. 1978 stellte die TWE den Reisezugverkehr ein.

 

16 Grundschule Bornholte-Bahnhof (Bergstraße 26)

Gebäude um 1970 (Foto: E. Iglauer).
Im Jahr 1927 haben die Entlassschüler mit ihrem Lehrer Eduard Hilckmann Aufstellung genommen. Hilckmann war Schulleiter von 1908-1953.


Über Asternweg, Krokusweg und Tulpenweg erreichen wir aus südlicher Richtung die Grundschule Bornholte-Bahnhof.

Die Schule wurde im Jahr 1892 errichtet. Offiziell wurde sie „Bornholte II“ genannt, landläufig hieß sie „Ostschule“ nach ihrer Lage innerhalb der Gemeinde oder auch „Schule auf dem Pieksbrink“. „Pieksbrink“ lässt sich mit „lehmige Anhöhe“ übersetzen und entsprechend wurde der flache Hügel genannt, über den sich die Bergstraße erstreckte.
Nach Errichtung der Eisenbahnhaltestelle bürgerte sich der noch heute genutzte Name „Schule Bornholte-Bahnhof“ ein.

Ein erster Anbau fand bereits 1913 statt; spätere Erweiterungen und Umbauten erfolgten 1959/60, 1967/68 und 1987. Die ursprüngliche Gestaltung des Baukörpers veränderte sich deutlich; die Fassade bestand zunächst aus Ziegelmauerwerk, wurde später verputzt und ist heutzutage verklinkert.

Die ehemalige Volksschule Bornholte-Bahnhof wurde 1968 in eine Grundschule umgewandelt. Sie war viele Jahre die einzige noch genutzte Schule auf Bornholter Gebiet. 2011 verlor sie ihre Eigenständigkeit, als die Schule aufgrund der geringen Anmeldezahlen dem Grundschulverband Kaunitz-Bornholte zugeordnet wurde.


17 Ehem. Ziegeleien in Bornholte

Tongrube in Bornholte mit Eimerkettenbagger.


In östlicher Richtung, im Bereich des Grubenwegs, finden wir Standorte der ehemaligen Ziegeleien.

Zu sehen ist davon nichts mehr, Gebäude wurden abgerissen und Tongruben zugeschüttet. Aber sie waren hier seinerzeit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor! Ermöglicht wurden sie durch die Beschaffenheit dieser Anhöhe.

Der Bornholter Rücken ist eine Schöpfung der letzten Eiszeit. Der sog. Emslandgletscher schob sich in unsere Region vor und seine sommerlichen Schmelzwässer lagerten im Vorland Vorschüttsande ab. Der am Grunde des Gletschers mitgeführte Geschiebelehm legte sich nach dem Abschmelzen des Gletschers darüber. Der lehmige Hügel, mundartlich „Pieksbrink“ genannt, erreicht eine Höhenlinie von 105 m gegenüber 85 m im flachen Umland.

Ab etwa 1880 wurde der Rohstoff Lehm abgebaut und für die Herstellung von Ziegeln genutzt. Der Lehmabbau war mühsam; mit Ausnahme der Wintermonate  arbeiteten die Männer bei jedem Wetter in der Grube. Mit Schaufel und Spaten holten sie den Lehm heraus und füllten ihn in die Loren, die das zähe Material zur Weiterverarbeitung brachten. In der Nachkriegszeit wurde der Eimerkettenbagger zur Arbeitserleichterung eingesetzt; lange Zeit nutzte man auch  Gefangenenkolonnen.

Die Lehmlagen waren 2-4 m dick; darunter befanden sich Sandschichten, die ebenfalls abgebaut wurden. Als die Lehmvorkommen sich erschöpften und die Produktion sich nicht mehr rentierte, wurden die Ziegeleien aufgegeben und zurückgebaut. In den 1970er und 1980er Jahren dienten sie zum Teil als Deponien für Haus- und Gewerbemüll.

Nach einer grundlegenden Sanierung werden die ehemaligen Abbaugebiete als Bauland genutzt.


18 Hühnerstall (Schmiedestrang 168)

Hühnerstall vor der Renovierung (Foto: Bürgerverein Bornholte e.V.)
Hinweisschild auf den Hühnerstall (Foto: A. Kröning)
Schulgarten des "Vereins Hof Diekämper" (Foto: Iva Potrebova).


Über Bergstraße, Nelkenweg und Schmiedestrang erreichen wir den Hühnerstall.

Drei Vereine haben hier im und am Hühnerstall ihren Treffpunkt und sorgen dafür, dass der Ort mit Leben gefüllt ist.

1992 wurde das Stallgebäude des Hofes Diekämper ehrenamtlich renoviert. Der Personenkreis, der sich wegen des Wettbewerbs „Unser Dorf soll schöner werden“ gefunden hatte, gründete 1993 den Bürgerverein Bornholte Bhf. e. V. Mit großem Engagement wurden City-Feste, Konzerte und Mitmach-Aktionen organisiert und das Ziel verfolgt, der dörflichen Kultur hier einen Rahmen zu geben.

Weitere Baumaßnahmen fanden statt, als der Bürgerschützenvereins Verl-Bornholte-Sende – gegründet im Jahr 1928 - hier seine Vereinsräume errichtete. 1995 wurde der Schießstand des Vereins eingeweiht.

Seit 2014 ist vor Ort noch eine weitere Initiative aktiv: Der Verein "Hof Diekämper – natürlich leben und lernen e.V." verfolgt ökologische und soziale Ziele. Gemeinsam mit dem Bürgerverein betreut er den Schulgarten auf dem Gelände des Hühnerstalls für die Kinder der nahe gelegenen Grundschule. Auch die Anlage eines Feuchtwiesen-Biotops wird verfolgt.


19 Hof Großeschallau (Schallauweg 13-15)


Zufahrt zum Hof Großeschallau (Foto: A. Kröning)


Landbesitz um 1820 (Grafik: M. Erichreineke)

Der Reitweg führt uns am Hof Großeschallau vorbei.

Hinter einer eichenbestandenen Zufahrt sieht man ein westfälisches Hallenhaus von 1734. Der Dreiständerbau ist typischerweise mit dem großen Deelentor nach Süden ausgerichtet. Etwas südlich steht ein ehemaliger Schafstall in Fachwerkbauweise, der in ein Wohnhaus umgewandelt wurde. Der Hof entstand als Teilungshof aus dem ehemaligen Hof Schallau.


Schallau war einer der ältesten Höfe in der Bauerschaft Bornholte. Im 15. Jahrhundert wurde die Teilung in Große- und Kleineschallau vollzogen. Der „Großeschallau“ blieb, wie der Name ankündigt, ein Hof mit deutlich größerem Landbesitz. Dem „Kleineschallau“ wurden bei der Teilung kleinere Blockflure zugeordnet.    

Der frühere Hof Kleineschallau liegt etwa 100 Meter hinter dem Hof Großeschallau in nordwestlicher Richtung.


Über die Lehmkuhlstraße erreichen wir das nordöstliche Ende von Bornholte. Wir fahren die Straße am Ölbach entlang, die ein Stück weit auf der Grenze zwischen Bornholte und Verl verläuft. Über die Senderstraße und Poststraße erreichen wir wieder unseren Ausgangspunkt, das Rathaus.

Kennen Sie noch mehr interessante Stationen und Geschichten aus Bornholte? Das Team der drei Stadtführer freut sich über weitere Rückmeldungen, telefonisch oder unter kroening.verl@t-online.de.


(Annette Kröning. 08.08.2020/ 20.10.2020)